Mein IRONMAN Austria 2018

Das ist eine Nachlese zu einem Sonntag voller Emotionen, der um 3:45 begann und um 0:15 mit einem Feuerwerk und einem Gruppenselfie endete. Dazwischen lagen 226 Kilometer zu Wasser, zu Radl und zu Fuß – und ganz viele tolle Menschen am Streckenrand. Der IRONMAN Austria 2018 war meine erste Triathlon-Langdistanz und ein Erlebnis, dessen Verarbeitung und Nachbereitung sowohl körperlich als auch mental und emotional etwas länger dauert als bei anderen Bewerben.

Das mit den Emotionen begann schon vor dem Start. Mir schießen ja bei der Hymne immer die Tränen in die Augen (auch jedes Jahr beim Vienna City Marathon). Die ersten Tränen waren noch zu unterdrücken, aber ein bisschen später ist die Emotion dann doch mit mir durchgegangen, und ich war so unendlich froh, dass meine Tochter Kiki einfach da war – ich drinnen im Startblock, sie draußen, zwischen uns das Absperrgitter lagen wir uns in den Armen.

IMG_7507_blogDann setzte sich doch die Konzentration durch. Am Weg zum Start war ich die einzige mit einer knallpinken Badehaube – auf der Suche nach der sogenannten „goggle washing area“, hochtrabender Ausdruck für eine kleine Plastikwanne mit etwas Wasser wenige Meter vor dem Start. Nach dem Waschen der Schwimmbrille war ich also noch mit Feinjustierungen beschäftigt (Brille und darüber die offizielle Badehaube aufsetzen), als ich schon direkt am Start stand und nicht gleich den anderen hinterherlief ins Wasser. Irgendwann begann der Moderator dann einen Spezialcountdown für mich (5-4-3-2-1), klatschte mit mir ab, und es ging ganz am Ende des Feldes los. Wie geplant fand ich eine gute Körperspannung und einen guten Rhythmus, das Orientieren funktionierte, ein paar Wellen störten nur wenig, beim Stau bei der ersten Wendeboje nahm ich mich ein bisschen zurück. Dann ging es an zwei Richtungsbojen weiter zur zweiten Wendeboje, wo mich die Richtungsbojen zurück zuerst ein wenig verwirrten – aber mit dem großen Gebäude beim Lorettobad im Hintergrund und den vielen Richtungsbojen war der Weg zum Lendkanal gar nicht zu verfehlen. Zwei Dreiecksbojen markierten den Eingang zum Lendkanal, das Getümmel wurde ein bisschen dichter, ab und zu gab es Berührungen. Ich blieb in der Mitte und hielt meinen Rhythmus. IMG_7525_blogRelativ bald entdeckte ich meine Supporter am Ufer, die mich tatsächlich erkannten und dann mit mir mitwanderten. In der Nähe des Ziels gab es erste Anzeichen eines Wadenkrampfes – aber das hatte ich in den letzten Wochen auch geübt. Wenn ich mit Neo schwimme, weiß ich, wie ich Krämpfe beim Schwimmen in Schach halten kann. Beim Schwimmausstieg gab es eine Heerschar von Helfern, und nach den Anzeichen von Krampf ließ ich mir da gerne aus dem Wasser helfen! Ich hörte etwas von 1:35 und dachte nur: „Super, unter 1:40 geblieben“ – meine Schwimmzeit war aber letztendlich 1:29:29. Das hätte ich mich vorher für 3,8 Kilometer zwar gewünscht aber nicht zugetraut.

Mein größtes Problem nach dem Schwimmen war, dass ich schon so dringend aufs Klo musste. Ich glaube, ich habe nicht nur das Maltodextrin am Start sondern den halben Wörthersee ausgetrunken. Dieses Mal habe ich nach dem Umziehen auch meine Verpflegung wie geplant ins Trikot gestopft und außerdem am Weg zum Rad noch ein paar Bissen von der Käsesemmel genommen.

Nach einer Stunde und 45 Minuten ging es dann auf die Radstrecke. Familie, Freunde und Vereinskollegen vom Team Sportordination (TSO) standen lautstark an der Radwende, um mich gebührend zu verabschieden. Ich hatte die Radstrecke im Mai schon kennengelernt, fühlte mich wohl und hatte Spaß am Radeln. Beim ersten steileren Anstieg, dem Ribnighügel, wurde ich von einer weiteren Gruppe von Freunden und TSO-Vereinskollegen erwartet und frenetisch angefeuert. Insgesamt waren mehr als 30 Personen in unterschiedlichen Gruppen auf der gesamten Strecke verteilt – gefühlt waren die TSO-Supporter also immer und überall. IMG_2868So war es nicht schwer, immer wieder mit einem breiten Grinser auch die heftigeren Anstiege hinauf zu strampeln. Auch am berühmten Rupertiberg stand jemand vom Verein: Matthias war schon um 6:30 mit dem Rad losgefahren, um sich zu positionieren. Und dann in Klagenfurt bei der Radwende (nach einem Boxenstopp bei der Labestation) standen sie auch wieder, und gleich danach am Beginn der Süduferstraße – immer und überall Team Sportordination (TSO) & Co.! Ich war erstaunlich gut in der Zeit und machte mir Gedanken, ob ich vielleicht überpowert hätte. Die zweiten 90 Kilometer fühlten sich immer noch  gut an, die Supporter waren noch immer an denselben Stellen und mindestens so laut und motiviert wie schon Stunden davor. Vor den zwei Anstiegen blieb ich nun jeweils kurz stehen, um Gel und Getränke (= Energie) zu mir zu nehmen. Dann war ich nach 7:08:00 mit den 180 Kilometern fertig. Zwei Gedanken beschäftigten mich auf den letzten 25 Kilometern am Rad: 1. Wie soll das funktionieren, jetzt auch noch einen Marathon zu laufen? Ein bisschen laufen nach dem Radeln (= koppeln) ja, aber 42,2 Kilometer? Und 2. erschienen nun die 14 Stunden nicht mehr ganz unrealistisch. Logisch und im Nachhinein betrachtet passen Gedanke 1 und Gedanke 2 eigentlich nicht ganz zusammen. Man kann also doch nicht mehr so klar denken nach neun Stunden Sport, aber Marathon laufen geht auch dann noch.

Nach einem kompletten Outfitwechsel ging es auf die Laufstrecke. Wieder war relativ rasch ein Rhythmus gefunden. Das Laufen fühlte sich langsam an, aber viel schneller wäre auch nicht (lange gut) gegangen. Immerhin konnte ich kontinuierlich andere Läufer überholen. Viele gingen mehr als dass sie liefen. 45753a2b-7c72-49bc-9984-2429c201dbf0Mein Ziel war es, den Marathon durchzulaufen – und das hat funktioniert. Nur bei den Labestationen bin ich gegangen, weil ich es hasse, mich mit Getränken anzuschütten. Ich nahm bewusst regelmäßig Wasser und Iso, probierte die Pizza und die Salzcracker (beides nix für mich) und blieb schlussendlich bei meinen eigenen Gels und einem Stück Banane. Gedanklich portionierte ich die Strecke und lief so eine überschaubare Etappe nach der anderen. Und immer wieder waren da die TSO-Supporter, die anfeuerten, klatschten und fotografierten. Es war jedes Mal aufs Neue eine Freude! Tempo, Konzentration und Motivation waren auf einem ganz eigenartigen Energielevel – nicht extrem hoch, aber irgendwie total ausbalanciert und fokussiert.

Bei Kilometer 40 stand meine Nichte Lisa mit ihrer Laufadoptivfamilie, bei Kilometer 41 meine Tochter Kiki und Freunde. Die letzten zwei Kilometer lief ich mit einem Dauergrinsen und einer tiefen inneren Freude – und mit dem Blick auf die Uhr: die 14 Stunden würden sich ganz leicht ausgehen! Das war mein Plan A (Untertitel: „Wunschtraum“ – nicht ganz realistisch; funktioniert nur, wenn alles perfekt passt). Plan B wäre so um die 15 Stunden gewesen und den Marathon durchzulaufen. Plan C wäre das Finishen (auch mit Gehen) in 17 Stunden gewesen.

Wenige Meter vor dem Zielkanal stand noch eine TSO-Gruppe am Streckenrand. 6696390f-fec4-4e06-9b26-0517c340fbcfDann kam die letzte Kurve, und der Zieleinlauf begann. Jetzt nahm ich keine Details und auch keine Einzelpersonen mehr wahr. Alles war rot, laut, voller Menschen, und ich lief mit einem Grinser bis zum Zielbogen. Dort drehte ich mich noch einmal um und sah Kiki, die sich bis ganz nach vorne gekämpft hatte, und ich konnte Ihr doch noch zujubeln. Wenige Minuten später war sie es dann, der vor lauter Emotionen die Tränen gekommen sind – und wir sind uns im Ziel so wie in der Früh am Start in den Armen gelegen.

Gut, dass Kiki und Alex L. einige Videoclips gedreht haben. So habe ich im Nachhinein die berühmten Wort „Rosa, you are an Ironman“ auf meinem privaten Wettkampfvideo doch noch mitbekommen.

(Musik im Video: Accelerator / von Dag Reinbott / https://www.terrasound.de)
(Fotos: Kiki Z., Walter F., Alex L., Lisa F.)

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