So schön hatte ich mir das ausgemalt: drei Tage mit dem Rennrad und einem kleinen Rucksack verreisen. Und dann wäre am Tag davor beinahe die große Panik ausgebrochen. Ob das echt so eine gute Idee war? Was könnte nicht alles passieren – von einem Wettersturz angefangen bis hin zu einer Panne mit dem Rad? Würde ich meine geplanten Routen finden? Mein Orientierungssinn ist ja legendär…
1. Tag – Grenze #1: Die ewigen Zweifel, denn eigentlich bin ich ein Angsthase
Der Tag begann trüb, es nieselte noch – also echt keine Eile mit Frühstück, packen und Rad checken (und weiter überlegen, ob ich wirklich losfahren sollte). Da waren immer noch die Zweifel, ob ich meine geplanten Routen finden würde … Grund genug, endlich zu lernen, wie man Routen aus den Weiten des Netzes runter- und auf die eigene Sportuhr raufladen kann. Eh ganz einfach. Spannend nur, ob das Navigieren mit der Uhr dann auch funktionieren würde… Um es vorweg zu nehmen: Meine Polar V800 will mich unbedingt zum definierten Startpunkt der Route schicken, bevor die Navigation startet. Bei der ersten Route waren das 250 Meter, aber ich dachte, sobald ich auf der Route wäre, könnte die Uhr das ja erkennen. Nix da, die V800 beharrte stur auf dem one-and-only Startpunkt. Mit der im (eigenen) Hirn abgespeicherten Karte habe ich die erste Hälfte der Route gefunden, dann aber fast 9 Kilometer Umweg auf einer 30-Kilometer-Runde gemacht. Dieser Umweg hat sich aber voll ausgezahlt, denn die Kutsche im Wasser hätte ich sonst wohl nicht gesehen (die korrekte Abzweigung wäre davor gewesen). Ob und wie man den Startpunkt einer Route ändern kann, weiß ich noch immer nicht.
Ergebnisse des ersten Tags: Endlich am Weg, begannen wir zwei (mein Rad und ich) rasch, locker dahin zu rollen, die Zweifel wurden immer weniger, und der erste Blick auf den See nach der Abfahrt vom Leithagebirge bei Winden war einfach genial! Insgesamt waren es am ersten Tag zwei Radetappen – die Anreise von Wien nach Podersdorf (68 km) und dann eine Runde durch den Seewinkel nach Apetlon und über Illmitz zurück (38 km) – sowie eine 40-minütige Schwimmeinheit im Neusiedler See, die beinahe mit einem Krampf geendet hätte.
2. Tag – Grenze #2: Die Staatsgrenze
Geplant war eine komplette Runde um den Neusiedler See, insgesamt ca. 125 km. Tja, und dann schlug mein Orientierungssinn voll zu: in Illmitz muss ich wohl irgendeinen Wegweiser des B-10 Neusiedler-See-Radwegs übersehen haben, denn plötzlich war ich an der Anlegestelle der Fähre nach Mörbisch und nicht am Grenzübergang zu Ungarn.
Also alles retour, ein paar Mal fragen und weiter bis zur Staatsgrenze. Und dort traf ich dann a) auf zwei (Renn)Radler und b) eine spontane Entscheidung: lieber durch Ungarn ein bisschen Tempo bolzen mit den zwei Männern, als sich noch mehrmals auf dem Weg verfransen. Das war dann teilweise richtig fordernd und ich bin auf den letzten paar Kilometern vor Mörbisch auch ein bisschen eingegangen (sorry, Männer!). Aber es war richtig schön, mit jemand streckenkundigen dahin zu rollen. Nach einer Pause mit Eiskaffee ging es alleine in meinem Wohlfühltempo weiter, was angesichts der Etappenlänge und der einsetzenden Müdigkeit immer noch anstrengend genug war … und wieder wie bei der Anreise der Abschnitt auf feinem Schotter zwischen Weiden und Podersdorf! Der Neusiedler-See-Radweg ist eigentlich als „rennradtauglich“ ausgewiesen. O.k. – man kommt schon durch mit dem Rennrad und andere tun’s auch, angenehm ist aber anders. Nach dieser Runde war ich richtig müde; daher Abendessen im Hotel, fernsehen und früh schlafen gehen. Ob die Erholung ausreichen würde, um am dritten Tag die 70 km lange Heimreise zu schaffen?
3. Tag – Grenze #3: Die aktuelle Leistungsgrenze (radeln, bis nix mehr geht)
Ausgeschlafen, gut gefrühstückt und mit dem festen Vorsatz, den Schotterweg heute zu vermeiden, ging es auf die burgenländischen Straßen – und erst in Neusiedl zurück auf den Radweg. Überraschenderweise traf ich dort auf Vereinskollegen, und wir radelten ein paar Kilometer gemeinsam, bevor es für mich dann über das Leithagebirge Richtung Wien ging. Das Sitzen tat jetzt schon richtig weh, kurze Pausen wurden häufiger und die letzten 20 Kilometer bis „ham kummst“ waren „a schware Partie“.
Fazit
Grenzen sollte man hin und wieder ausloten oder im wortwörtlichen Sinn erfahren. Das habe ich mit dem Rennrad schon mehrmals gemacht, aber noch nie so ausgiebig und intensiv.
Mit 302 Kilometern in drei Tagen, teilweise in höheren Intensitätsbereichen, habe ich unter anderem meine aktuellen sportlichen Leistungsgrenzen ein bisschen ausgelotet. Passender Kommentar meines Coaches dazu: „Was dich nicht umbringt, macht dich härter – und umgebracht hat es dich ja nicht 😉“. Dem ist nichts hinzuzufügen.